Dienstag, 16. Oktober 2012

Warum wir aus ESM, Euro und EU aussteigen müssen


Ein Regenschirm schützt vor dem Regen.
Ein Sonnenschirm schützt vor der Sonne.
Ein Rettungsschirm schützt vor der Rettung.

Über 270 Wirtschaftsprofessoren im gesamten deutschsprachigen Raum protestierten dagegen[1], die Wirtschaftswissenschafterin Eva Pichler warnt vor einem Staatsbankrott Österreichs[2]: Fast unbemerkt trat am 8. Oktober 2012 der ESM in Kraft. ESM steht offiziell für „Europäischer Stabilitätsmechanismus“, in Wahrheit handelt es sich um ein „Europäisches Schulden-Monster“, das keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Der ESM ist eine Bank. Hier haften Steuerzahler der (noch) zahlungskräftigen Länder für die Schulden der Pleitestaaten und vor allem der Banken, die sich verspekuliert haben. Doch die Bankschulden sind dreimal so hoch wie die Staatsschulden, erklären die mehr als 270 Wirtschaftsprofessoren – und sagen, wer wirklich profitiert: „Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in Deutschland – und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken …“ Der ESM sorgt dafür, dass Steuerzahler, Rentner und Sparer für die Bankschulden zahlen. Dabei wäre die Lösung so einfach: „Banken müssen scheitern dürfen.“
Gesetzesbruch
Die ganze Euro-Rettungspolitik ist ein Musterbeispiel für Gesetzesbruch auf höchster Ebene. Zuerst hätte der EU-Vertrag von Lissabon nie in Kraft treten dürfen, da es darüber laut maßgeblichen Verfassungsjuristen in vielen Ländern wie Österreich Volksabstimmungen hätte geben müssen. Doch das war nirgends der Fall außer in Irland – wo so oft abgestimmt wurde, bis das Ergebnis passte. Als nächstes verstießen die Staats- und Regierungschefs  gegen den EU-Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat: Hier heißt es in Art. 125 (AEU-Vertrag), dass ein Mitgliedsstaat „nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen … eines anderen Mitgliedsstaates“ haften darf. „Am 11. Februar 2010 haben sich die Staats- und Regierungschefs der europäischen Union zum kollektiven Rechtsbruch verabredet“, brachte es der deutsche FDP-Abgeordnete Frank Schäffler auf den Punkt. Seither wurde das Recht von den höchsten Politikern unzählige Male gebrochen. Die meisten Medien und Richter duldeten dies. „Nimm das Recht weg – was ist der Staat dann noch anderes als eine Räuberbande?“, fragte schon seinerzeit der heilige Augustinus. Inzwischen wurde der Lissabon-Vertrag geändert, um diesen Rechtsbruch legal zu machen. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hatte 2008 in seinem berühmten Brief an die Kronenzeitung eine Volksabstimmung für einen solchen Fall angekündigt. Auch das passierte – natürlich – nicht.
Folgen für Österreich
ÖVP und SPÖ jubelten über das Inkrafttreten des ESM und die Grünen zeigten sich stolz, ihre Zustimmung dazu mit der Einführung einer Steuer (Finanztransaktionssteuer) verknüpft zu haben. Doch was bedeutet er wirklich für Österreich?
Die Haftungssummen belaufen sich für den ESM auf rund 19 Mrd. Euro und für den bisherigen Rettungsschirm EFSF 21 Mrd. Euro. Zinsen kommen noch hinzu.[3] Zusammengezählt wäre das eine Gesamthaftung von 40 Mrd. Euro insgesamt und für jeden einzelnen Österreicher, vom Baby bis zum Greis, von 5.000 Euro. Zinsen kommen noch hinzu. Doch das ist womöglich nur die Untergrenze. Laut Aufstellung des Wirtschaftsexperten Friedrich Romig belaufen sich die Gesamthaftungen für die Euro-Rettung bereits auf 2,3 Billionen (= 2.300 Mrd.!) Euro. Wenn man Österreichs Anteil von rund drei Prozent herausrechnet, wären das bereits rund 7.000 Euro pro Kopf und Nase. Die erste Rate für den ESM von 890 Mio. Euro fließt noch dieser Tage an die EU. Das gesamte Stammkapital von 700 Mrd. Euro kann jederzeit erhöht werden (Art. 10).
Ermächtigungsgesetz
Dass es sich beim ESM um ein undemokratisches Ermächtigungsgesetz handelt, zeigen folgende Gesetzespassagen:
-          „Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, Kapital, das der geschäftsführende Direktor … von ihnen abruft, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen.“ (Art. 9)
-         Die Finanzminister können die Haftung jederzeit beliebig erhöhen: „Der Gouverneursrat kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern.“    (Art. 10 Abs.1)
-         „Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen … Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art …“
-         „Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen … Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs …“ 
-         „Die Archive des ESM … sind unverletzlich.“ 
-         „Die Geschäftsräume des ESM sind unverletzlich.“ (jeweils Art. 32)
Studie: Euro-Ausstieg ist billiger
Die nationalen Parlamente geben ihr Königsrecht ab, alleine über die Staatsfinanzen zu entscheiden. Mit dem ESM ist ein Ausstieg aus dem Euro unvermeidlich, vor allem um einem Staatsbankrott zu entgehen. Dies zeigen auch internationale Studien, wie z.B. „Netherlands and the EURO“ des britischen Lombard Street Research Institutes.[4] Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass selbst der sofortige Ausstieg auf jeden Fall für die Niederländer weit billiger käme als die Weiterführung der Währungsunion bis zum Jahr 2015 oder darüber hinaus.  


[1] Frankfurter Allgemeine Zeitung am 5.7.2012: „Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut“; abgerufen unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/protestaufruf-der-offene-brief-der-oekonomen-im-wortlaut-11810652.html
[2] Kleine-Zeitung-Interview mit Wirtschaftswissenschafterin Eva Pichler am 19.6.2012: „Österreich droht der Konkurs“; abgerufen unter http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/eu/3046325/oesterreich-droht-konkurs.story
[3] Österreichischer Betrag zur „Euro-Rettung“: Internetseite des österreichischen Parlaments: „Der Euro-Rettungsschirm – Ursachen und Instrumente“; abgerufen unter http://www.parlament.gv.at/PERK/FAQ/AKTF/ und ORF, 3.4.2012; abgerufen unter http://orf.at/stories/2113500/2113507/
[4] Lombard Street Research: “Netherlands and the Euro”:
 
[1] Österreichischer Betrag zur „Euro-Rettung“: Internetseite des österreichischen Parlaments: „Der Euro-Rettungsschirm – Ursachen und Instrumente“; abgerufen unter http://www.parlament.gv.at/PERK/FAQ/AKTF/ und ORF, 3.4.2012; abgerufen unter http://orf.at/stories/2113500/2113507/
[1] Lombard Street Research: “Netherlands and the Euro”:
http://www.nuzakelijk.nl/files/Netherlands_and_the_Euro_-_Full_Report_Final.pdf
von Mag. Klaus Faißner 

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